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atb #31 | based in berlin

Clegg & Guttmann

Die Eröffnung der Ausstellung ist heute, am 7. Juni ab 18 Uhr. Das Atelierhaus ist an diesem Abend bis 2 Uhr geöffnet.

Die Institutionen schließen um 21 Uhr.

after the butcher @ based in berlin @ KUNSTWERKE-BERLIN e.V.

Allegory of Government, 2011


after the butcher ist ein unabhängiger ausstellungsraum für zeitgenössische kunst und soziale fragen in berlin-lichtenberg, der die dritte etage in den KW kuratorisch verantwortet. nach unserer einladung zu based in berlin haben wir alle berliner künstlerInnen, mit denen wir in unserem raum bereits zusammengearbeitet haben bzw. uns das in zukunft vorstellen können, angefragt, für diese ausstellung beiträge zu entwickeln. aus einem intensiven diskussionsprozess sind sechs zeitbasierte, performative projekte von sechs verschiedenen künstlergruppen entstanden. im ansonsten leeren raum befindet sich nur ein für diese ausstellung in auftrag gegebenes bild, ein portrait des regierenden bürgermeisters von clegg & guttmann.

die gründe für dieses ausstellungsformat liegen in unserem widerspruch gegen die politik dieses ausstellungs-projekts, das als „leistungsschau junger kunst aus berlin“ angepeilt wurde, zum zwecke des „beweises“, dass berlin eine neue kunsthalle braucht.

dafür wurde eine aufforderung als „open call“ an alle berliner künstlerInnen gerichtet, sich für diese ausstellung zu bewerben, drei „überkuratoren“ als beratendes gremium sowie fünf junge kuratoren bestellt und die berliner kulturprojekte gmbh damit beauftragt, die ganze sache zu organisieren.

1,7 mio Euro wurden von der politik für dieses projekt zur verfügung gestellt. in zeiten schmaler finanzmittel und allseitiger etat-kürzungen ein dicker brocken, der darauf hindeutet, dass die politik dieser ausstellung höchste priorität einräumt.

wir sind künstler – wir lieben es, kunst zu machen und wir machen es mit vollem einsatz, wir verabscheuen es aber, uns über „leistung“ zu definieren. kunst funktioniert weder nach den gesetzen einer dampfturbine, noch nach denen eines tierzuchtvereins. kunst funktioniert durch intensitäten, widerständigkeit, widersprüche und irrsinn. kunst – auch wenn es permanent versucht wird – lässt sich nicht objektivieren – kunst ist form und inhalt und gebunden an subjektives wahrnehmen, und das ist auch gut so. uns in eine „leistungsschau“ zwängen zu wollen, empfinden wir als angriff auf unser sein: wir brauchen unsere faulheit wie unseren fleiss, wir brauchen unser nickerchen wie unsere wachheit, wir brauchen unsere zweifel, flops und scheitern genauso wie unsere hightlights, wir brauchen kontemplation genauso wie handeln. und wir denken, dies betrifft nicht nur uns künstlerInnen, dies sind universelle qualitäten des menschlichen seins schlechthin, sie auszublenden und uns auf „leistung“ zu reduzieren degeneriert uns. und es führt in seiner konsequenz nicht selten zu krankheit: stress, burn out, depression, drogen, suizid.

wir müssen dies hier betonen weil eine korrektur der begrifflichkeit und damit ein verständnis für den berechtigten protest von seiten der politik nicht nur ausblieb sondern insbesondere der regierende bürgermeister klaus wowereit stur und ignorant daran kleben bleibt und die ausstellung trotz titeländerung weiterhin als „leistungsschau“ bezeichnet.

wir nehmen an dieser ausstellung unter protest teil, da die belange der bildenden kunst von der politik nicht wirklich ernst genommen werden. wowereits absichtserklärung in seiner antrittsrede nach der wiederwahl, eine kunsthalle in berlin zu gründen, folgten keine praktischen schritte. es liest sich für uns eher als leeres versprechen, das das ausbleibende tatsächliche engagement für die zeitgenössische kunst verschleiert.

die notwendigkeit einer kunsthalle kann nicht durch eine ausstellung ermittelt werden. die notwenigkeit und die machbarkeit muss in einem offenen austausch mit allen beteiligten – künstlern, kuratoren, kunstvereinen, galerien und museen…, und in einem öffentlichen diskussionsprozess ermittelt werden.

wenn der berlinischen galerie der ankaufsetat für zeitgenössische kunst gestrichen wird, wenn die kunstwerke KW oder die kunstvereine NBK und NGBK vor substantiellen finanziellen engpässen stehen, wenn es kein einziges berliner förderprogramm für „off-spaces“ und selbstorganisierte ausstellungsräume gibt…, wie soll da eine neue kunsthalle funktionieren?

wir lassen uns nicht instrumentalisieren!
wir wünschen uns berliner politik, die ernstzunehmen ist, die auf eine verbesserung der lebensbedingungen der sozial schwachen orientiert. viele berliner künstlerInnen erleben seit jahren genau das gegenteil: unsere lebens- und produktionsbedingungen werden schwieriger, mieten und lebenskosten steigen, förderungen werden gestrichen, bei rückläufigen einnahmen. mit katharina sieverding sagen wir: „arm aber sexy“ ist out. es ruiniert und diskriminiert uns und unsere Kunst.

franziska böhmer
thomas kilpper
www.after-the-butcher.de