Archiv der Kategorie: Allgemein

#103. Kabeltomate und Tränenreinette (vonfürmit)

Ute Waldhausen und Jan Molzberger 

Finissage: Sonntag, 14. Januar – 15-18 Uhr

17:00 Konzert mit Robert Schalinski, Ute Waldhausen und einigen Stimmen


Ausstellung: 9. Dezember 2023 – 14. Januar 2024 

geöffnet nach Voranmeldung: mailto@after-the-butcher.de

oder: +49 178 32 98 106

Fragen an die Autonomie im Jahre 24.000

Wir sind im Paradies. 

In einem schwulen Paradies. Kein Trans-Körper mehr, der sich in der Theorie mit Ländern vergleicht.

Die Theorie gibt es nicht mehr, genauso wenig wie das, was mal Mensch genannt wurde. 

Das schwule Paradies braucht Eva nicht mehr. Der Apfel ist wieder ein Apfel, man kann ihn essen oder liegen lassen. 

Eva ist nun Baum, androider Baum, in ihrem Rückenmark Kabelstränge, die schon lange ihren Geist aufgegeben haben. 

Hier fließt nichts mehr, ihr Rücken ist auch kein Rücken, sondern offene Landschaft mit blauem Hintergrund. 

Alles Weibliche hat sich dort in signaltote Einzelheiten de-formiert. Ihr Rückenmark ist nun schwebendes Weltall.

Wir sind im Weltall. Im Universum ohne sexuelle Begebenheiten.

Eine Blubber fliegt vorbei, ein Rauchkörper, ein Rauschobjekt.

Ohne Interesse von Konsum.

In diesem Raum würden wir schweben, wenn es uns noch geben würde. 

Wir könnten nach dem Glaskörper greifen und inhalieren. 

Uns danach verdrehen.

Es gibt Objekte, die sind wie Kurzgeschichten, ohne Anfang und Ende. Sie können dystopisch wirken und dadurch immer deplatziert.

Deplatzierung ist eine elementare Frage an die Autonomie, ist sie doch selbst deplatziert in einem Verbund der Vergemeinschaftung. Innerhalb der menschlichen Schnüre.

Ob Äpfel um ihre Nachbarinnen am Baum wissen, spüren sie, wie sie sich in Form und Farbe entwickeln, den gegebenen Umständen hingeben? 

Beneiden sie die Birnen, sind sie autonom? Haben sie ein Ziel? 

Bemerken sie es, wenn man an ihnen vorbeiläuft, mögen sie es, wenn man sie sieht, aufsammelt, verspeist, kompostiert, fotografiert?

Äpfel fliegen durch das Weltall. Sie sind in keinster Weise verändert. Sie sind autonome Wesen, die nicht sprechen, aber sind. 

Sie fliegen, genauso, wie sie am Baum hingen, in einer Konstellation ohne den Baum.

Die Blubber kann nicht durch sie hindurchfliegen. 

Die Äpfelformation bildet einen autonomen Schutzschild. 

Sie bewegen sich gegen null, während das Einmachglas mit den Kabeln sich auf die eins bewegt. 

Raumbespielung. 

Das, was es zu sehen geben wird, wurde noch nie so zuvor gezeigt oder gesehen. 

Es ist einmalig und nur auf eine kurze Zeit begrenzt.

Gehen Sie hin, werden sie das Weltall erleben. 

Sie können fliegen, aber nur in ihrer Vorstellung. 

Sie werden sich durch einen Raum bewegen, der nicht existiert, 

der vorübergeht und vielleicht etwas berührt.

Sie werden etwas hören, sie werden Drehungen sehen und viel installierten Stillstand, durch den sich mal was bewegt hat.

Es ist ein Museum in einem schwulen Weltall. In dem es noch fliegende Äpfel gibt und Kommentare an der Wand. 

Menschen tun Dinge, Menschen deren Namen drei Buchstaben haben. Sie teilen diese Buchstaben nicht. Jeder hat einen anderen. 

Es gibt ein A, ein E, ein J, ein U, ein N und ein T wie teuer, nachdenklich, umständlich, jauchzend, extrem und anders. 

Alle Buchstaben sind schon etwas älter und haben Entscheidungen getroffen und sind sich doch immer wieder ihrer nicht ganz bewusst.

Sie gehen sehr viel und sind sehr gerne dabei. Sie sehen sehr gerne beim Gehen.

Sie sammeln beim Sehen im Gehen. Sie sind gerne bei sich. 

Sie sind autonom. So auch das, was der Raum uns gibt.

Form und Leben. 

Als Antwort von Autonomie im 24. Jahrtausend.

(pour Jacques)

Text: Nine Budde

atb#101 Nadja Abt & Charlotte Bonjour

Eröffnung: 27. Oktober 2023 ab 19 Uhr

Ausstellung: 28. Oktober bis 26. November 2023

geöffnet nach Voranmeldung unter: 0178 3298106

oder: mailto@after-the-butcher.de

In ihrer Duo-Ausstellung präsentieren Charlotte Bonjour und Nadja Abt Arbeiten aus den letzten 2 Jahren. Beide Künstlerinnen gehen von Geschichten aus, die als Material für Collagen verwendet werden: In Charlotte Bonjours Arbeiten folgen wir von Ängsten geplagten Handys in ein surreales Universum. In den in Portugal entstandenen Arbeiten Nadja Abts kämpft eine Seefrau gegen die sie umgebenden patriarchalen Systeme.

atb#99, romain löser & wendelien van oldenborgh

Eröffnung: Freitag 18. August ab 19 Uhr

Ausstellung: 19. August bis 17. September

geöffnet nach vorheriger Anmeldung: mailto@after-the-butcher.de

oder +49 178 3298 106

Diese Ausstellung führt zwei künstlerische Stimmen in dem Versuch zusammen, klar bestehende formale und inhaltliche Differenzen weder in den Vordergrund zu rücken noch sie zu leugnen. Romain Loeser und Wendelien van Oldenborgh gehören unterschiedlichen Generationen an, und wenn es um die Vermessung möglicher Harmonien oder Dissonanzen zwischen ihren künstlerischen Praktiken geht, lässt sich leicht feststellen, dass beide meist in unterschiedlichen Medien arbeiten, mit je eigenen Themen, Techniken und Öffentlichkeitsvorstellungen. Dennoch zeigt ihr gemeinsamer Auftritt bei after the butcher nicht etwa nur vage berufliche Sympathien oder Interessen. Wer sich den hier in räumlicher Verschränkung gezeigten Arbeiten beider Künstler*innen ernsthaft nähert, kann eine Vergleichbarkeit darin erkennen, mit welchen Bewegungen sie die scharfen Komplexitäten in den jeweils von ihnen vermittelten Widersprüchen behandeln.

Zur Ausstellung ist ein Text von Clemens Krümmel erschienen:

Während der Eröffnung am 18. August performte Lina Campanella den Text von Clemens Krümmel, sie produzierte Hiphop und Gabber Beats, die auf van Oldenborghs Film und die Kontraste und Vielstimmigkeit der Arbeiten beider Künstler*innen referieren.

atb#98 ENCORE UN EFFORT _2023_ AN EFFORT AGAIN

Katharina Karrenberg und Olivier Guesselé-Garai


Eröffnung: 23. Juni 2023 ab 19 Uhr

20 Uhr, Performance von Katharina Karrenberg 

Ausstellung verlängert bis 13. August 2023

Finissage: Sonntag, 13. August von 15-18 Uhr,

ab 17 Uhr Performance THANKS … because … 2. Teil von Katharina Karrenberg

geöffnet nach Voranmeldung: mailto@after-the-butcher.de 

oder: 0178 3298 106

Die Ausstellung ENCORE UN EFFORT _2023_ AN EFFORT AGAIN  von Katharina Karrenberg und Olivier Guesselé-Garai versammelt verschiedene Exponate aus den laufenden künstlerischen Prozessen der beiden Künstler. 

Katharina Karrenbergs Arbeit setzt sich dabei vertieft auseinander mit Ausprägungen struktureller und gesellschaftlicher Gewalt. Sie reflektiert  diese Gewaltstrukturen als grundlegende Bedingung der aktuellen, kapitalistischen Macht, sowohl der multinationalen Konzerne als auch der staatlichen Machtapparate wie Militär, Polizei und Geheimdienste…, sie tarnen sich, sind permanent anwesend, dennoch oft unsichtbar, werden biopolitisch aufrecht erhalten, dann doch wieder sichtbar an ihren Verkleidungen, Uniformen und verkörpern „die staatlich sanktionierte, gruppendifferenzierte Anfälligkeit für einen vorzeitigen Tod” (nach Ruth Wilson Gilmores). 

Gewaltstrukturen liegen nicht irgendwo unerreichbar und unwandelbar herum, sondern greifen aktiv in unseren täglichen Umgang mit Menschen, Tieren und Dingen ein und sind damit auch aktiv veränderbar. Katharina Karrenberg entwickelt mit ihren Arbeiten eine radikale Kritik an diesen allgegenwärtigen Gewaltverhältnissen, an verschiedenen ––[un]sichtbaren, verschwiegenen aber auch performativen Zugängen und Ausformungen der Repression und offenen Todesgewalt. Die Exponate reflektieren gleichzeitig ihre gegenseitige Andersheit–– ihre Abstraktion, ihre Konkretion und ihre je spezifischen Materialien, in denen die lebensfeindliche Kälte neo-kapitalistischer Verhältnisse fassbar werden.

Olivier Guesselé-Garai entwicklelt eine sehr persönliche künstlerische Sprache, in der soziale Fragen subtil verhandelt werden. Er untersucht einen Alltagsgegenstand wie den Kühlschrank, indem er ihn zerlegt und neu zusammensetzt, er befragt seine Funktion und strukturellen Qualitäten und entdeckt dabei abstrakte Teile und Formen, die zuvor sozusagen versteckt waren. Es ist ein spielerischer Vorgang und gleichzeitig begreift Olivier Guesselé-Garai die künstlerische Arbeit auch als eine Form des Widerstands, in dem die Bestätigung des Seins durch das Bewusstsein und seine stille Kraft Poesie, Freude und Liebe einsetzt, um uns gemeinsam und besonders in der Andersartigkeit zu einer Reflektion über unsere Welt einzuladen.

atb#97 A Call to a Relationship

Elisa T. Bertuzzo und Sambaran Das

kuratiert von Alice Creischer und Andreas Siekmann 

Ausstellung 20. Mai – 18. Juni

Eröffnung 19. Mai 2023 ab 19 Uhr

geöffnet nach Voranmeldung: mailto@after-the-butcher.de oder 0178 3298 106

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after the butcher

Ausstellungsraum für zeitgenösische Kunst und Soziale Fragen

after the butcher ist ein Projektraum von Künstlern für Künstler und darüberhinaus. Diejenigen, die wir zu einer Ausstellung einladen, bitten wir in der Regel, ein Projekt für diesen Raum zu entwickeln. Der Ausstellungsraum soll jungen bzw. weniger bekannten Künstlerinnen und Künstlern in Kombination mit etablierteren Positionen eine Möglichkeit und Plattform bieten, ihre Arbeit in einem nicht-kommerziellen Rahmen vorzustellen. Dabei sind künstlerische Strategien, die die sozialen Fragen und gesellschaftlichen Widersprüche reflektieren von besonderem Interesse. [MEHR]

Spittastr. 25, 10317 Berlin
geöffnet nur nach Vereinbarung oder bei Veranstaltungen

Telefon +49 30 1783298106
Email: mail an after-the-butcher

#95 Jeremiah Day – Gegen den Krieg, der noch kommt 

Anti-Irak-Kriegs-Demo, 15. Februar 2003 in Rom

atb#95 Jeremiah Day

Gegen den Krieg, der noch kommt 

Performance, 15. Februar 2023, 19 Uhr

After The Butcher, Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst und soziale Fragen, freut sich, Sie und Ihre Freunde zu einer Performance des amerikanischen Künstlers Jeremiah Day einzuladen, die den 20. Jahrestag der größten Proteste in der Geschichte der Menschheit am 15. Februar 2003 markiert.   

Sowohl die größte Versammlung von Menschen in politischer Aktion an einem Ort, Rom, als auch die größte Koordination von Menschen auf der ganzen Welt, die sich gegen die US-Pläne zur Invasion des Irak versammelten. 15 Millionen Menschen in den Straßen von 800 Städten auf allen Kontinenten nahmen daran teil. 

Das Weltsozialforum und Tausende von Anti-Kriegs-Initiativen ebneten den Weg für diese Aktion, deren Bedeutung sich nicht auf ihre Nützlichkeit beschränken lässt.  

Der demokratische Protest gegen die US-Regierung und ihre Kriegskoalition hat den Krieg, der unter Verletzung des Völkerrechts geführt wurde, nicht verhindert. Dieser Krieg ist ein Meilenstein in der jüngeren politischen Geschichte. Er hat weder dem Irak Demokratie noch der Golfregion Frieden gebracht, sondern im Gegenteil den radikalen Islamismus angeheizt, die sozialen Widersprüche in der Region verschärft und neue Flüchtlingsbewegungen ausgelöst. Die scheinbare Akzeptanz dieser Aggression hat auch große Auswirkungen auf andere Völkerrechtsverletzungen, die in den Folgejahren folgten, wie in der Ukraine – und die potenziell kommenden.

Nach der Performance ist die Ausstellung Aggregatzustände bis 22 Uhr geöffnet!

atb #89 | Quirin Bäumler, Isabelle Fein und Selou Sowe

Eröffnung: Freitag, 18. Februar ab 19 Uhr 

Ausstellung: 19. Februar – 27. März 2022

Die Ausstellung kann nach vorheriger Anmeldung besucht werden. Anmeldung bitte bei: mailto@after-the-butcher.de oder +49(0)178 329 81 06. Bitte beachten Sie, dass Sie die Ausstellungsräume nur mit einem medizinischen Mund/Nasenschutz betreten dürfen.

Zur Ausstellung:

Quirin Bäumler, Isabelle Fein und Selou Sowe

18. Februar bis 27. März 2022 bei after the butcher

Alles ist miteinander verbunden. Vor einiger Zeit hätten wir vielleicht, in verrenkter Yogapose ein- und ausatmend, die Augen bei diesem Satz leicht entnervt verdreht. Spätestens in den vergangenen zwei Jahren wurde uns jene Weisheit allerdings bitter vor Augen geführt. Wie beeinflussen sich Mensch, Natur und Technik und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Makro- und Mikrokosmen der Welt? In dieser Gruppenausstellung betrachten wir jenes Dreieck aus verschiedenen Blickachsen, fahren mit dem Zoom in kleine, flüchtige Beziehungen und nutzen den Weitwinkel um die Macht der Globalisierung zu begreifen. Die Frage, auf welche Weise das einzelne Subjekt diese Verbindungen beeinflusst, materialisiert sich in den drei künstlerischen Positionen als Wechselspiel aus Kontrolle und Zufall. 

Beginnen wir im Mikrokosmos: Isabelle Feins Malereien und Skulpturen untersuchen kurze Momente und Konstellationen, die ihr entweder zufällig von außen, etwa durch gefundene Fotos, zugetragen werden, oder die sie aus ihrem Innern schöpft. Mal symbolistisch, mal surreal humorvoll tauchen ihre Figuren und Tiere aus den dünnen Schichten pastelliger Farbtöne vor uns auf und kommunizieren mit uns. Stilleben mit Pinsel, Zeitung und Farbbechern zeichnen die Arbeit als Künstlerin nach: es ist eine einsame, aber auch meditative Tätigkeit, in der Abschweifungen aus dem Alltag gewollt sind. 

Feins Kompositionen tragen etwas Geborgenes in sich, das wir auch in Quirin Bäumlers Skulpturen entdecken können. Die drei Reliefs aus Hartgips zeigen einsam verträumte Figuren, Tiere, oder auch ein Sternenfirmament. Wie Bildschirmmonitore geben sie einen Ausschnitt, ein Standbild aus dem Leben wieder, das von Bäumler verfremdet und fixiert wurde. Während hier das Material in langer Arbeit gegossen, geformt und abgetragen wurde, entstehen seine Zeichnungen intuitiv, als Psychogramm des Moments. Getragen von Motiven um Tod und Trauer sehen wir die Spuren zweier tragischer Pandemiejahre.

Weg vom Menschen, hin zur Maschine. Selou Sowes Skulpturen schimmern zwischen technischem Fortschritt und industriellem Verfall. Es sind Objekte, die kaum zuzuordnen sind: Haben wir es hier mit etwas Organischem oder Anorganischem zu tun? Ist dieses Ding noch von dieser Welt oder aus dem All gefallen? Mit einem Blick auf globale Zusammenhänge und informatische Errungenschaften, zeigt Sowe in seiner Videoarbeit Ähnlichkeiten von menschengemachten Systemen zu natürlichen Strukturen auf, die mit dem Voranschreiten der weltweiten Vernetzung deutlicher werden. In Found-Footage-Bildern, überlagert mit eigenen 3-D-Animationen, wirft eine künstliche Voice-Over-Stimme die Frage auf, ob der Niedergang der destruktiven Machtgefüge in einer vermeintlich dezentralisierten Welt unsere Rettung bedeuten würde. 

Diese Gruppenausstellung ist der erste Teil einer längerfristigen Kooperation von After the Butcher und dem jungen Künstler:innenkollektiv Interspace Collective

Zu Interspace Collective gehören: Isra Abdou, Jamila Barakat, Frank Jimin Hopp, Heiko-Thandeka Ncube, Selou Sowe, Mengna Tan, Laura Suryani Thedja und Alungoo Xatan.

Text: Nadja Abt


NB: after the butcher unterstützt ausdrücklich den Offenen Brief

Wem gehört die Öffentlichkeit? – zur sog. „Kunsthalle Berlin“ in Tempelhof

den ihr hier unterzeichnen könnt: https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLScODqiG38AtCQt3BhOJim7qVGzDNJyYmrXAvbGFktu5W7uCSA/viewform 

ATB#88 Palimpsest – Zwischen den Zeichen Lesen

Ciara Phillips | Jean-Ulrick Désert

Ausstellung: 27. November 2021 – 30. Januar 2022
Eröffnung: Freitag 26. November 2021,19-23 Uhr
Finissage: Sonntag 30. Januar 2022, 15-18 Uhr

Die Ausstellung Palimpsest / Zwischen den Zeichen Lesen entwickelt einen visuellen Dialog zwischen den Werken des in Berlin lebenden haitianisch-amerikanischen Künstlers Jean-Ulrick Désert und der in Glasgow lebenden irisch-kanadischen Künstlerin Ciara Phillips.

Jean-Ulrick Désert greift in seiner für diese Ausstellung entwickelten Arbeit eine politische Aktion von 1978 an der Berliner Mauer auf: der Filmemacher Wieland Speck (1992-2017 Direktor des Panoramas der Berliner Filmfestspiele) und der Künstler Per Lüke lösten durch sie unmittelbar eine Überwachungsaktion namens „Der Harfenspieler“ durch die Staatssicherheit der DDR aus. Désert wählte 12 Blatt der Stasiakte über diesen Fall, digitalisierte sie und brannte sie in Buchleinen ein, um sie in ‚modern gealterte‘ Dokumente zu verwandeln. Aus den Daten dieser Stasi-Überwachung und den Recherchen von Désert entstanden vier astrologische runde Terrakotta-Formen. Sie markieren die Sternkonstellationen und die astrologischen Konfigurationen des 13. August 1978, 16:15 Uhr, den Tag der Aktion. Eine Scheibe markiert die Lebensspanne der Überwachung und eine weitere Scheibe die gemeinsame Dynamik von Per Lüke und Wieland Speck. Zusammen mit den Bildtafeln schaffen sie ein poetisches Palimpsest und eine Spannung zwischen persönlichen und öffentlichen, analogen und digitalen oder physischen und metaphysischen Realitäten.

Ciara Phillips wendet sich in dieser Ausstellung dem Körper und der Kleidung als Ort gesellschaftlicher Auseinandersetzung und Bedeutung zu. Nähen ist für Phillips eine seit langem parallel zu ihren druckgrafischen Arbeiten realisierte künstlerische Praxis. Bedruckte Textilien sind oft Teil ihrer komplexen Rauminstallationen. Phillips erforscht die unzähligen Arten, in denen sich Druckerzeugnisse mit unserem täglichen Leben überschneiden, sei es durch Medien, Werbung, Banknoten oder Kleidung. Überall wirken Druckerzeugnisse als wichtiger Validator und Signifikant. Phillips arbeitete 4 Wochen im Rahmen einer Residency in den Lichtenberg Studios und entwickelte neue Arbeiten für diese Ausstellung, die sich u.a. auf die Jahrhunderte alte Geschichte der Textil- und Bekleidungsherstellung in Lichtenberg selbst bezieht.

Artikel über die Ausstellung in der Jungen Welt

Ciara Phillips arbeitet hauptsächlich mit Druckgrafiken und ihr Ansatz ist sowohl expansiv als auch experimentell. Sie arbeitet oft kollaborativ, indem sie Galerien in Druckereien verwandelt und andere Künstler:innen, Designer:innen und lokale Gruppen einlädt, mit ihr zu arbeiten. Sie hat ausgestellt in: Tate Britain; Museum of Contemporary Art Australia; Benaki Museum, Athen; Hamburger Kunstverein; und Kunsthall Stavanger. Im Jahr 2014 wurde sie für den Turner Prize nominiert, und 2020 erhielt sie den renomierten Queen Sonja Print Award in Oslo.

Jean-Ulrick Désert arbeitet in unterschiedlichen Medien: Plakate, Aktionen, Gemälde, ortsspezifische Skulpturen und Video. Jean-Ulrick Désert vertrat 2019 sein Heimatland Haiti auf der 58. Biennale von Venedig im selben Jahr zeigte er Unfinished Histories Vol.IV, in der Klosterruine Franziskanerkirche, Berlin. In 2013 entstand Amour Colère Folie, Kunstkommission, Martinique Biennale, Martinique; 2015 Belgian Soliloquy, Platform 102, Brussels; Jean-Ulrick Désert, Espace d’art Contemporain 14°N 61°W, Martinique; 2018 Jean-Ulrick Désert, S12 Studio, Select World Project Galerie, New York. 2009 war er Teilnehmer der 10. Biennale von Havana, Kuba. 2002 gründete Désert sein Berliner Studio. Jeanulrickdesert.com
Jean-Ulrick Désert ist der erste Empfänger des Wi Di Mimba Wi :: AKB & SAVVY Contemporary Preises: www.e-flux.com

ATB#87 The Few, The Many

Bernadette Van-Huy | Herman Asselberghs

The Few, The Many

Ausstellung: 16. Oktober – 14. November 2021

Eröffnung: Freitag 15. Oktober 2021, ab 19 Uhr
Finissage: Sonntag 14. November 2021, 15 – 19 Uhr

after the butcher freut sich, in der kommenden Ausstellung The Few, The Many zwei zeitgenössische künstlerische Positionen aus New York und Brüssel zu zeigen. Die in New York lebende Künstlerin Bernadette Van-Huy präsentiert in der Ausstellung bei after the butcher eine neue zwölfteilige fotografisch zeichnerische Serie mit dem Titel Turn the Mirror Upside Down. In den Selbstportraits, die von einem Wandtext in Form einer spiegelschriftlichen Handlungsanweisung begleitet werden, geht es um einen Geächteten, ein Buch, den Weltraum, eine Asiatin und eine selbstgemachte Dauerwelle.

Auf Einladung von after the butcher produzierte der belgische Videokünstler Herman Asselberghs einen aktuellen Remix seines 2010 realisierten Films After Empire mit dem Titel Now (After Empire Remix) (Video, Farbe, 16:9, Englisch, BE, 2021, 18 Min.). Er kombinierte dafür einen Teil der ursprünglichen Bilder mit einem neuen Soundtrack von Simon Halsberghe und Wiet Lengeler. In After Empire schlug Herman Asselberghs als Alternative des im kollektiven Gedächtnis als Quintessenz der jüngeren Geschichte haften gebliebene ikonischen Bild  vom Einsturz zweier Türme in Manhattan, die weltweite Antikriegsdemonstration vom 15. Februar 2003 vor.

Zur Ausstellung erscheint die Zeitung butchers blätter #3 neben der gewohneten Onlineformat nun auch als Printausgabe mit Beiträgen von Dieter Lesage, Andreas Siekmann und Ina Wudtke.


Bernadette Van-Huy ist ein Gründungsmitglied der Bernadette Corporation. Seit einigen Jahren arbeitet sie künstlerisch auch unter ihrem eigenen Namen und stellt international aus. Sie lebt und arbeitet nördlich von New York, USA.

Der Filmemacher Herman Asselberghs (1962) erforscht Grenzbereiche zwischen Text, Ton und Bild, Welt und Medien, Poetik und Politik. In den letzten zwei Jahrzehnten wurden seine Film- und Installationsarbeiten international gezeigt. Er unterrichtet in der Filmabteilung der LUCA School of Arts – Sint-Lukas Brüssel und ist Gründungsmitglied der Brüsseler Produzent:innenplattform Auguste Orts (augusteorts.be). Er lebt und arbeitet in Brüssel, Belgien.



Mit freundlicher Unterstützung der:

atb#86 Good Copy Bad Copy

Kaj Osteroth & Lydia Hamann | Xiaopeng Zhou

Good Copy – Bad Copy

Ausstellung: 22. August – 3. Oktober 2021

after the butcher freut sich, in der kommenden Ausstellung zwei künstlerische Positionen zu zeigen, deren Arbeiten sich sowohl elementaren sozialen Fragen zuwenden, als auch der Erforschung zeichnerischen und malerischen Kopierens als künstlerische Methode.

Lydia Hamann & Kaj Osteroth arbeiten als Künstlerinnen-Duo seit 2007 zusammen. Aktuell beschäftigen sie sich unter dem Titel Glamshots. Malerinnen in der Berliner Gemäldegalerie mit dem Verhältnis von Kunstwerken weiblicher und männlicher Künstler:innen in der Dauerausstellung der Berliner Gemäldegalerie. Dabei fällt ins Auge, dass von 1000 Gemälden nur sechs von Malerinnen sind und zwar von Anna Therbusch, Marie Vigee- Lebrun, Angelika Kauffmann, Marie Latour, Anne Vallayer-Coster, Sofonisba Anguissola. Im gesamten Sammlungsbestand verhält es sich mit der Quote nicht weniger problematisch. Nur 20 von 3500 Bildern sind von weiblichen Künstlerinnen. Lydia Hamann & Kaj Osteroth dechiffrieren die Bilder der Malerinnen in der Berliner Gemäldegalerie anhand einer dialogischen Analyse von Momenten, Gesten, Blicken. Daraus entstand ein Sampling von Ausschnitten der insgesamt 20 Bilder aus Dauerausstellung und Depot. Hamann & Osteroth sind große Fans der Wiederholung und Nachahmung und vom Kopieren anderer Malerinnen Malereien. Nachmachen, nachempfinden, interpretieren, scheitern, auf eigene Möglichkeiten und Methoden zurückgeworfen sein, verstehen, bewundern, sich dem Farbrausch hingeben. Dabei bewegen sie sich in einem spannungsvollen Dialog, miteinander, vor und mit den Originalen. Bei der Umsetzung auf Leinwand vertrauen sie in gewohnter Manier auf ihr Unvermögen und ein fröhliches Kopistinnentum, geleitet von Nichtkönnen und Nichtwollen und der Frage, was ist eine gute und was eine schlechte Kopie.

Der chinesische Künstler Xiaopeng Zhou unterrichtet seit längerem eine ältere Dame in Berlin im Zeichnen. Anfangs brachte er ihr das Zeichnen von Blumen, Bäumen, Kakteen und anderen Pflanzen im Botanischen Garten bei und zeichnete u.a. wiederum sie, während sie die Pflanzen zeichnete. Er verwendet auf diese Weise die Reportagezeichnung als eine wichtige Methode seiner künstlerischen Forschung. In der Zeit des Lockdowns trafen sich Zhou und die ältere Dame in ihrer Wohnung, um weiter zeichnen zu können. Dabei erfuhr er mehr über ihr Interesse für Philosophie, Literatur, Kunstgeschichte und Feminismus; ein wechselseitiger intensiver Lernprozess entwickelte sich und versetzte Zhou über die inhaltliche Auseinandersetzung hinaus zusätzlich in die Lage, seine Deutsch-Kenntnisse zu verbessern. Bei after the butcher präsentiert Zhou nun eine Videoarbeit, die den gemeinsamen Lern- und Arbeitsprozess dokumentiert und reflektiert. Darüberhinaus zeigt er einen Teil der Zeichnungen, die in diesem Kontext entstanden sind: Bilder aus dem Botanischen Garten und der Wohnung, in der Gespräche geführt wurden über emotionale und physische Arbeit, Krankheit, Therapie und Heilung und die jeweils unterschiedlichen Erfahrungen von Alter, Geschlecht und Kultur.

Lydia Hamann & Kaj Osteroth befragen als Malerinnen-Duo stereotypisierende Zuschreibungen, dominante eurozentristische Fiktionen, eigene Erfahrungen und Spielräume kollektiver Praxis. Kaj Osteroth studierte Kunstgeschichte und Ethnologie an der FU sowie Kunst an der Universität der Künste, Berlin. Lydia Hamann studierte Kunstgeschichte und Kulturwissenschaften an der HU sowie Kunst an der Kunsthochschule Weißensee in Berlin. 2020 waren sie Preisträgerinnen des Villa Romana Preises. 2019 nahmen sie an der Ausstellung Histórias Feministas / Feminist Histories im MASP, São Paulo, teil. 2018 veröffentlichten sie ihr Buch Radical Admiration und waren auf der Berlin Biennale We don ́t need another hero vertreten, 2017 mit dem Workshop Feministischer Kunstunterricht bei dem Festival „The Future is Female“ in den Sophiensälen Berlin. www.fleeingthearch.org

Xiaopeng Zhou studierte an der Kunsthochschule Weißensee Berlin und der Guangzhou Academy of Fine Arts. Letzte Einzelausstellungen: Monochromatic Lottery Balls, Xining Contemporary, Xining, 2019 und Shape of Appetite, 2018, Empfangshalle München (in Zusammenarbeit mit Han Tang). Gruppenausstellungen: BPA-Exhibition, 2021, KW Berlin; Interrupted Meals HOW Art Museum, Shanghai, 2020; An Impulse to Turn Inside-Out Art Museum, Beijing, 2020; Further Thoughts on Earthy Materials Kunsthaus Hamburg, 2019 und Bi-City Biennale of Urbanism\Architecture, (UABB), Shenzhen, 2017. www.xiaopengzhou.com

Mit freundlicher Unterstützung der: