atb#86 Good Copy Bad Copy

Kaj Osteroth & Lydia Hamann | Xiaopeng Zhou

Good Copy – Bad Copy

Ausstellung: 22. August – 3. Oktober 2021

after the butcher freut sich, in der kommenden Ausstellung zwei künstlerische Positionen zu zeigen, deren Arbeiten sich sowohl elementaren sozialen Fragen zuwenden, als auch der Erforschung zeichnerischen und malerischen Kopierens als künstlerische Methode.

Lydia Hamann & Kaj Osteroth arbeiten als Künstlerinnen-Duo seit 2007 zusammen. Aktuell beschäftigen sie sich unter dem Titel Glamshots. Malerinnen in der Berliner Gemäldegalerie mit dem Verhältnis von Kunstwerken weiblicher und männlicher Künstler:innen in der Dauerausstellung der Berliner Gemäldegalerie. Dabei fällt ins Auge, dass von 1000 Gemälden nur sechs von Malerinnen sind und zwar von Anna Therbusch, Marie Vigee- Lebrun, Angelika Kauffmann, Marie Latour, Anne Vallayer-Coster, Sofonisba Anguissola. Im gesamten Sammlungsbestand verhält es sich mit der Quote nicht weniger problematisch. Nur 20 von 3500 Bildern sind von weiblichen Künstlerinnen. Lydia Hamann & Kaj Osteroth dechiffrieren die Bilder der Malerinnen in der Berliner Gemäldegalerie anhand einer dialogischen Analyse von Momenten, Gesten, Blicken. Daraus entstand ein Sampling von Ausschnitten der insgesamt 20 Bilder aus Dauerausstellung und Depot. Hamann & Osteroth sind große Fans der Wiederholung und Nachahmung und vom Kopieren anderer Malerinnen Malereien. Nachmachen, nachempfinden, interpretieren, scheitern, auf eigene Möglichkeiten und Methoden zurückgeworfen sein, verstehen, bewundern, sich dem Farbrausch hingeben. Dabei bewegen sie sich in einem spannungsvollen Dialog, miteinander, vor und mit den Originalen. Bei der Umsetzung auf Leinwand vertrauen sie in gewohnter Manier auf ihr Unvermögen und ein fröhliches Kopistinnentum, geleitet von Nichtkönnen und Nichtwollen und der Frage, was ist eine gute und was eine schlechte Kopie.

Der chinesische Künstler Xiaopeng Zhou unterrichtet seit längerem eine ältere Dame in Berlin im Zeichnen. Anfangs brachte er ihr das Zeichnen von Blumen, Bäumen, Kakteen und anderen Pflanzen im Botanischen Garten bei und zeichnete u.a. wiederum sie, während sie die Pflanzen zeichnete. Er verwendet auf diese Weise die Reportagezeichnung als eine wichtige Methode seiner künstlerischen Forschung. In der Zeit des Lockdowns trafen sich Zhou und die ältere Dame in ihrer Wohnung, um weiter zeichnen zu können. Dabei erfuhr er mehr über ihr Interesse für Philosophie, Literatur, Kunstgeschichte und Feminismus; ein wechselseitiger intensiver Lernprozess entwickelte sich und versetzte Zhou über die inhaltliche Auseinandersetzung hinaus zusätzlich in die Lage, seine Deutsch-Kenntnisse zu verbessern. Bei after the butcher präsentiert Zhou nun eine Videoarbeit, die den gemeinsamen Lern- und Arbeitsprozess dokumentiert und reflektiert. Darüberhinaus zeigt er einen Teil der Zeichnungen, die in diesem Kontext entstanden sind: Bilder aus dem Botanischen Garten und der Wohnung, in der Gespräche geführt wurden über emotionale und physische Arbeit, Krankheit, Therapie und Heilung und die jeweils unterschiedlichen Erfahrungen von Alter, Geschlecht und Kultur.

Lydia Hamann & Kaj Osteroth befragen als Malerinnen-Duo stereotypisierende Zuschreibungen, dominante eurozentristische Fiktionen, eigene Erfahrungen und Spielräume kollektiver Praxis. Kaj Osteroth studierte Kunstgeschichte und Ethnologie an der FU sowie Kunst an der Universität der Künste, Berlin. Lydia Hamann studierte Kunstgeschichte und Kulturwissenschaften an der HU sowie Kunst an der Kunsthochschule Weißensee in Berlin. 2020 waren sie Preisträgerinnen des Villa Romana Preises. 2019 nahmen sie an der Ausstellung Histórias Feministas / Feminist Histories im MASP, São Paulo, teil. 2018 veröffentlichten sie ihr Buch Radical Admiration und waren auf der Berlin Biennale We don ́t need another hero vertreten, 2017 mit dem Workshop Feministischer Kunstunterricht bei dem Festival „The Future is Female“ in den Sophiensälen Berlin. www.fleeingthearch.org

Xiaopeng Zhou studierte an der Kunsthochschule Weißensee Berlin und der Guangzhou Academy of Fine Arts. Letzte Einzelausstellungen: Monochromatic Lottery Balls, Xining Contemporary, Xining, 2019 und Shape of Appetite, 2018, Empfangshalle München (in Zusammenarbeit mit Han Tang). Gruppenausstellungen: BPA-Exhibition, 2021, KW Berlin; Interrupted Meals HOW Art Museum, Shanghai, 2020; An Impulse to Turn Inside-Out Art Museum, Beijing, 2020; Further Thoughts on Earthy Materials Kunsthaus Hamburg, 2019 und Bi-City Biennale of Urbanism\Architecture, (UABB), Shenzhen, 2017. www.xiaopengzhou.com

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